Last updated on 7. Februar 2025
Am 26. Januar 2025 hat die Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin das Wahlprogramm beschlossen. Eine finale Fassung liegt noch nicht vor (Stand 3. Februar 2025), aber eine Rohfassung in vier Teilen hier. Der Vorstand hat seinen Vorschlag am 17. Dezember 2024 vorgestellt. Antragsschluss für Änderungen war am 8. Januar 2025. Zu finden ist der Entwurf des Wahlprogramms hier sowie hier als PDF. Der Beschluss ist im Vergleich zum Entwurf an einigen Stellen länger und detaillierter geworden, aber ohne fundamentale Änderungen.
Im Wahlprogramm der Grünen gibt es neben mehreren Erwähnungen von den Themen, die wir mit der Allianz bearbeiten, einen eigenen längeren Abschnitt zum Thema Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft unter der Überschrift „Für die Unterstützung von freiwilligem Engagement“.
In diesem Abschnitt heißt es unter anderem:
„Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen das gemeinnützige Engagement. Ihre Arbeit wollen wir von überflüssiger Bürokratie entlasten. Zudem erweitern wir den Katalog gemeinnütziger Zwecke. Wir werden zudem gesetzlich klarstellen, dass gemeinnützige Zwecke auch durch Teilnahme an der politischen und öffentlichen Willensbildung verfolgt werden können und sich Organisationen gelegentlich auch außerhalb ihres gemeinnützigen Zwecks politisch äußern dürfen.“
Mit dem Beschluss wurden noch konkrete Einzelvorhaben ergänzt:
„Wir wollen Digitales Ehrenamt und Entwicklung, Betrieb und Pflege von nicht gewinnorientierter Open-Source-Software als gemeinnützig anerkennen und institutionell unterstützen.“
Konkretisiert wurde auch der Abschnitt zu gemeinnützigem Journalismus, so dass die Grünen diesen nun ausdrücklich „in die Abgabenordnung mit aufnehmen“ möchten:
„Wir setzen uns ein für eine lebendige regionale Medienlandschaft – und fördern gezielt den Lokaljournalismus. Eine kluge und mit den Ländern abgestimmte Förderung zielt auf die Unterstützung der Arbeit von Journalist* innen, stärkt die Medienvielfalt und schützt funktionierende Märkte – auch durch gemeinnützige Ansätze.“
Im Kapitel „Für die Unterstützung von freiwilligem Engagement“ heißt es weiter, dass Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen im Ehrenamt gewährleistet werden soll, außerdem soll eine sog. Engagementkarte eingeführt werden, „um den Besuch von Schwimmbädern und Kultureinrichtungen oder die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu vergünstigen“. Die Grünen wollen, dass „Anrechnungsregeln“ für Ehrenamtspauschalen etc. „bürokratiearm“ sein sollen.
Der Zugang zu freiwilligem Engagement für Menschen mit geringem Einkommen, Migrationsgeschichte oder Behinderungen soll verbessert werden, Freiwilligendienste sollen gestärkt werden. Für Freiwilligendienste soll es daher „sozial gestaffelte Unterstützungsmöglichkeiten“ und „eine faire Vergütung“ geben.
Bündnis 90/Die Grünen wollen eine verlässliche Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft als Stütze und Voraussetzung von Demokratie, wozu es im Wahlprogramm einen eigenen Abschnitt gibt. Darin heißt es konkret, dass die Grünen das in dieser Legislaturperiode hängen gebliebene Demokratiefördergesetz umsetzen wollen:
„Das Fundament unserer Demokratie sind starke Institutionen und eine lebendige Zivilgesellschaft. Die gemeinsame Trägerschaft unserer Demokratie lebt von Bürger*innen, die sich informieren und einbringen. Diese Möglichkeit braucht Zeit und Ressourcen – und ist deshalb auch eine Frage der Gerechtigkeit. Durch eine verlässliche Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft stärken wir unsere demokratische Kultur. Die Demokratie zu schützen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dabei ist der Staat auf die breite Unterstützung der Zivilgesellschaft angewiesen. Der Schutz der Demokratie ist eine zentrale Aufgabe des Staates, deswegen wollen wir Programme wie ‚Demokratie leben!‘ mit einem Demokratiefördergesetz absichern. …
Menschen, die sich zivilgesellschaftlich oder kommunalpolitisch engagieren, werden immer wieder Ziel von Angriffen und Anfeindungen. Wir alle, Staat und Gesellschaft, müssen diese Menschen besser schützen. Üble Nachreden, Verleumdungen und Bedrohungen müssen sowohl im kommunalpolitischen Alltag als auch im Internet stärker geahndet werden.“
Insgesamt soll verstärkt der Dialog mit der Zivilgesellschaft gesucht werden, um Bürokratie abzubauen – im Programm konkret bezogen auf die Wirtschaftspolitik Deutschlands sowie beim Ausbau der Digitalisierung. Insbesondere zivilgesellschaftliche Strukturen aus dem ländlichen Raum, die sich für Naturschutz einsetzen, sollen unterstützt werden.
Bekenntnissätze zum Zusammenhang von Demokratie und Zivilgesellschaft gibt es mehrfach im Programm, auch, aber nicht nur bei Außenpolitik. Im Bereich Sicherheitspolitik notieren die Grünen zu „Lebendige Demokratie“:
„Zivilgesellschaftliche Institutionen, wie Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände, stellen eine wichtige Säule unserer Demokratie und des sozialen Zusammenhalts dar.“
Die sog. Wohngemeinnützigkeit soll weiter gestärkt und ausgebaut werden, bei der es nicht um die steuerliche Gemeinnützigkeit im engeren Sinne geht. Hierzu gibt es mehrere Änderungsanträge.
Öffentliche sowie gemeinnützige Träger sollen gestärkt werden, um eine bezahlbare und gerechte Kranken- und Pflegeversicherung zu gewährleisten.
Was Bündnis 90/Die Grünen 2021 forderten
„Alle Bürger*innen sollen gleichberechtigt an der Willensbildung unserer Gesellschaft teilhaben können. Die Gemeinnützigkeit ist dafür ein wichtiger Status, der an vielen Stellen überhaupt erst Zugänge öffnet. Damit Initiativen und Verbände eigenständig bleiben, sorgen wir deshalb für Klarheit und Rechtssicherheit im Gemeinnützigkeitsrecht. Ihre gemeinnützigen Ziele sollen sie auch durch politische Meinungsäußerungen und Aktivitäten wie Studien und Demonstrationen verwirklichen dürfen. Nicht nur die Förderung des demokratischen Staatswesens, sondern auch die Förderung tragender Grundsätze sollte klar gemeinnützig sein. Die Gemeinnützigkeit zusätzlicher Zwecke wie des Friedens, der Durchsetzung der nationalen und internationalen Grund- und Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit, der Durchsetzung des Sozialstaatsgebotes und allgemein der gleichberechtigten Teilhabe und der Bekämpfung von Diskriminierung wollen wir anerkennen und stärken. Mit der Einführung einer Demokratieklausel stellen wir sicher, dass sich Vereine aktiv an gesellschaftlichen Debatten beteiligen können. Die Beweislastumkehr in § 51 Absatz 3 Abgabenordnung wollen wir abschaffen. Für mehr Transparenz sorgen wir mit einem Gemeinnützigkeitsregister und einfach handhabbaren Transparenzpflichten sowie mit Regeln zur Offenlegung der Spendenstruktur.“
(Abschnitt „Gemeinnützigkeit reformieren“, S. 182)
Im Abschnitt davor erklärten sie zudem:
„Eine lebendige Zivilgesellschaft ist elementar für die politische Auseinandersetzung in unserer Demokratie. Engagierte Menschen in Initiativen, Verbänden, Vereinen oder NGOs stärken den Zusammenhalt, tragen dazu bei, wichtige Anliegen, wie beispielsweise den Kampf gegen Rassismus, auf die öffentliche Tagesordnung zu setzen, und leisten ihren Beitrag zur Willensbildung. Wir machen uns dafür stark, dass sie ihrer Arbeit in Zukunft gut abgesichert, ohne Einschüchterung und Kriminalisierung nachgehen können. Mit einem Demokratiefördergesetz wollen wir ihr Engagement und das demokratiebelebender Initiativen und Organisationen nachhaltig, projektunabhängig und unbürokratisch finanziell absichern. Die Arbeit der politischen Stiftungen wollen wir verbindlicher regeln. Wir wollen sicherstellen, dass sie an den Werten des Grundgesetzes orientiert sind und – auch in ihrem Verhältnis zu den Parteien – Transparenz herstellen. Dafür schaffen wir eine eigenständige gesetzliche Grundlage.“
(Abschnitt „Demokratiefördergesetz für eine starke Zivilgesellschaft“; S. 181)
Mehr zum Grünen-Wahlprogramm 2021 hier.
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