Demokratiefördergesetz geht in die Endrunde

Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben einen Referent:in-Entwurf für das geplante Demokratiefördergesetz erstellt. Dieser Entwurf ist noch nicht mit weiteren Ministerien abgestimmt, aber soll am 14. Dezember im Kabinett beschlossen werden. Danach geht er in den Bundestag und soll Anfang 2023 dort beschlossen und Gesetz werden. Wir haben zum Entwurf eine Stellungnahme eingereicht, die sich vor allem mit Fragen zur Gemeinnützigkeit befasst – denn diesen Status setzt der Entwurf als Fördervoraussetzung.

Im Frühjahr hatten die Ministerien ein Diskussionspapier erstellt und zur Kommentierung eingeladen (mehr dazu hier). An die 200 Organisationen und Personen aus der Zivilgesellschaft hatten Bemerkungen eingesandt. Der Referent:in-Entwurf hat viele Impulse daraus aufgegriffen und wurde verschiedenen Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt, auch unserer Allianz. Die Ministerien haben Entwurf und Stellungnahmen bisher (17.11.2022) nicht veröffentlicht.

Was steht im Referent:in-Entwurf zu Gemeinnützigkeit?

Erwartungsgemäß umfasst der Entwurf für das Demokratiefördergesetz keine Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht – wir hätten uns das gewünscht. Die Ministerinnen Nancy Faeser (BMI) und Lisa Paus (BMFSFJ) hatten bereits im März in einer Veranstaltung zum Diskussionspapier erklärt, dieses Gesetz solle möglichst schlank und ohne Bundesratsbeteiligung sein, aber sie würden dafür sorgen, dass der Finanzminister Christian Lindner die nötigen und im Koalitionsvertrag vereinbarten Gemeinnützigkeits-Reformen angeht. Paus hatte dieses Versprechen Ende September beim Deutschen Stiftungstag wiederholt und konkretisiert.

Das Problem ist: So lange Organisationen, die sich (gesellschafts-)politisch engagieren, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, Gefahr laufen, aufgrund ihres Engagements die Gemeinnützigkeit zu verlieren, bleibt das Demokratiefördergesetz hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Der Referent:in-Entwurf sieht in Paragraph 5 als eine Fördervoraussetzung für “Juristische Personen des privaten Rechts” (also zum Beispiel Vereine) vor, sie müssten

“im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) als steuerbegünstigt anerkannt sein, ersatzweise, bis zur Erlangung der Steuerbegünstigung den Nachweis der Stellung eines erfolgsversprechenden Antrags auf Anerkennung der Steuerbegünstigung erbringen oder darlegen, dass der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung grundsätzlich mit den Anforderungen der Steuerbegünstigung vereinbar sind”.

Nähere Einzelheiten sollen in den spezifischen Förderrichtlinien geregelt werden, die dann Ministerien und andere Behörden auf Grundlage des Gesetzes erlassen. Im Referent:in-Entwuf wird dies so begründet:

“Zur Gewährleistung einer den Grundsätzen dieses Gesetzes entsprechenden Arbeit der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure ist es notwendig, dass diese bestimmte rechtsstaatliche Voraussetzungen erfüllen und über die nötige persönliche und finanzielle Zuverlässigkeit verfügen. Dies soll sicherstellen, dass einerseits die zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten und andererseits auch die zweckentsprechende Verwendung der Bundesmittel gesichert ist.”

Unsere Stellungnahme befasst sich vor allem mit diesem Aspekt und ist hier nachzulesen.

Das Bündnis F5 (Algorithmwatch, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Open Knowledge Foundation Deutschland, Reporter ohne Grenzen, Wikimedia Deutschland) geht in seiner Stellungnahme ebenfalls auf die Anforderung der Gemeinnützigkeit ein:

“Auf eine zeitnahe und entsprechende Anpassung der §§ 51 ff. AO durch das federführende Bundesministerium für Finanzen ist hinzuwirken.

  • Es ist, erstens, sicherzustellen, dass sich die in § 2 DFördG-E genannten Bereiche im Gemeinnützigkeitsrecht wiederfinden und gemeinnützige Körperschaften sie somit abdecken können. Das kann durch eine entsprechende Auslegung oder gesetzgeberische Anpassung der Zwecke im Zweckekatalog des § 52 Abs. 2 AO geschehen.
  • Es ist, zweitens, sicherzustellen, dass die nach dem Gemeinnützigkeitsrecht zulässige Betätigung so ausgestaltet wird, dass gemeinnützige Körperschaften die in § 2 DFördG-E genannten Maßnahmen (z.B. Beratung, Unterstützung, ‘Maßnahmen der politischen Bildung’) überhaupt sinnvoll übernehmen können.”

Weitere Stellungnahmen

Die beteiligten Ministerien haben bisher (17.11.2022) weder Referent:in-Entwurf noch Stellungnahmen veröffentlicht. Sie werden es hier tun:

Wir veröffentlichen den uns zugeleiteten Entwurf hier.

Wir weisen auf diese an anderer Stelle veröffentlichten Stellungnahmen hin, die auf weitere wichtige Aspekte der Demokratieförderung eingehen:

Die Maecenata-Stiftung, Mitglied unserer Allianz schreibt u.a.:

  • “Insgesamt ist das Gesetzesvorhaben in der entworfenen Form grundsätzlich zu begrüßen. Es wird darauf ankommen, wie es mit Leben erfüllt wird.”
  • “Gegenüber den im Frühjahr dieses Jahres zur Stellungnahme übersandten Überlegungen stellt der nunmehr vorgelegte Referentenentwurf eine wesentliche Verbesserung dar.”
  • “Es ist zu begrüßen, daß durchgehend der Begriff ‚Zivilgesellschaft‘ verwendet wird, um die privatrechtlich verfaßten – oder auch nicht verfaßten – Initiativen, Bewegungen, Organisationen und Institutionen zu benennen, die als Mitträger der Verantwortung für die demokratische Ordnung neben den staatlichen Stellen … in Frage kommen und finanziell gefördert werden sollen.”

Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) schreibt:

“Wir begrüßen als ersten wichtigen Schritt ausdrücklich, dass mit dem DFördG eine Förderkompetenz des Bundes geschaffen wird, um eigene Maßnahmen der Demokratieförderung zu ergreifen und zivilgesellschaftliches Engagement sowie dessen begleitende Infrastrukturen zu unterstützen.”

Eine Reihe größerer Organisationen, unter anderem der Bundesverband Deutscher Stiftungen, begrüßen in ihrer Stellungnahme “das Vorhaben, eine verlässliche rechtliche Grundlage zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements zur Stärkung der Demokratie zu schaffen”. Das Ziel werde “nur erreicht, wenn sich der Regelungsbereich des DFördG auf Demokratieförderung, (politische) Bildung und auf die Gestaltung von Bildungschancen und Vielfaltsgestaltung im Bereich der engagementfördernden Infrastrukturen sowie auf Prävention gegen Extremismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit bezieht. Zivilgesellschaft ist ein wesentlicher Lernort für Werte und Haltungen der Demokratie für alle Generationen”.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung (BAGD), ein Zusammenschluss von über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen, hatte bereits im September einen Alternativ-Gesetzesentwurf vorgelegt.