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EU-Kommission widmet sich europäischem Vereinsrecht

Im zweiten Quartal 2023 möchte sich die Europäische Kommission dem Europäischen Vereinsrecht widmen. So steht es auf Seite 9 im Kommissions-Arbeitsplan für 2023. Dem Vernehmen nach soll der Prozess bereits Ende 2023 abgeschlossen sein mit Entscheidungen auch im Europäischen Parlament. Noch ist offen, welchen Weg die Kommission einschlagen wird.

Das Europäische Parlament hatte im Februar 2022 einen Zweiklang gefordert:

  • Die Einführung eines europäischen Vereins einerseits und
  • die EU-weite Harmonisierung von Vereinsrecht über die Einführung von Mindeststandards andererseits.

Für das grenzüberschreitende Engagement in der EU und die Stärkung der europäischen Identität wäre die Einführung eines europäischen Vereins ein wichtiger Schritt. Um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der EU zu schützen und zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken, braucht es darüber hinaus gemeinsame Mindeststandards, an die sich alle Mitgliedsstaaten halten müssen.

Zu diesen Mindeststandards gehört – zumindest laut dem vom Europäischen Parlament verabschiedeten Entwurf des Europaabgeordneten Sergey Lagodinsky – eine Definition von Gemeinnützigkeit, von der wir auch in Deutschland profitieren könnten. So enthält der Katalog der gemeinnützigen Zwecke im Entwurf unter anderem auch das Engagement für Demokratie, Grund- und Menschenrechte sowie soziale Gerechtigkeit. Zwecke, die im deutschen Zweckekatalog nach wie vor fehlen. Auch die Grenze dessen, was an politischen Aktivitäten zulässig wäre, scheint eindeutiger gezogen zu sein: erlaubt wäre, was einem gemeinnützigen Zweck dient und nicht unmittelbar und systematisch auf die Förderung einer bestimmten Partei zielt.

Tatsächlich nimmt die Debatte innerhalb der europäischen Institutionen an Fahrt auf: In ihrem Arbeitsplan für das Jahr 2023 hat sich die Europäische Kommission vorgenommen, im zweiten Quartal einen Gesetzesvorschlag für ein Statut für grenzüberschreitende europäische Vereine vorzulegen. Zudem will die Kommission dem Europäischen Rat Rahmenbedingungen zur Entwicklung der Sozialwirtschaft in Europa vorschlagen, damit die Mitgliedsstaaten ihre entsprechenden Regelungen anpassen können.

Im Zuge dessen hat die Kommission bereits zwei Maßnahmen eingeleitet:

  • Im September hat sie eine 387 Seiten umfassende Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen für Vereine in den Mitgliedsstaaten vorgelegt. Darin wird neben der Anzahl von Vereinen, deren geschätzter Mitgliedschaft und den Betätigungsfeldern auch der rechtliche Rahmen für Vereine in den verschiedenen Mitgliedsstaaten dargestellt. Wer die zentralen Regelungen für Vereine und Gemeinnützigkeit in Deutschland in englischer Sprache gesucht hat, wird diese zwölf Seiten höchst spannend finden.
  • Zudem hatte die Kommission von August bis Anfang November eine öffentliche Konsultation eingerichtet, um Stellungnahmen für eine Gesetzesinitiative zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Vereinen zu sammeln. Insgesamt sind 50 Stellungnahmen eingegangen, darunter die unserer Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“. Darin fordern wir u.a. eine moderne Definition von Gemeinnützigkeit, die Sport, Kultur und Wohlfahrtspflege genauso umfasst wie den Einsatz für Grund- und Menschenrechte oder das Engagement für Demokratie, sowie eine Stärkung und den Schutz von gemeinnützigem, politischen Engagement.

Unterstützung erfährt das Vorhaben, eine europäische Rechtsform für gemeinwohlorientierte Vereine und Stiftungen zu schaffen dabei u.a. von den Staatssekretären Sven Giegold (Deutschland) und Joaquín Pérez Rey (Spanien). In einem gemeinsamen Brief an EU-Kommissar Nicolas Schmit begrüßen sie die Pläne der Kommission, die beschriebenen Initiativen zu ergreifen und kündigen ihre Unterstützung an. Hierzu will etwa Spanien während seiner Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 hochrangige Treffen zu gemeinwohlorientierter Wirtschaft abhalten und die Annahme der Kommissionsvorschläge zu unterstützen.

Unser Anliegen als Allianz bleibt es – unabhängig von Entwicklungen auf EU-Ebene – schnellstmöglich eine umfassende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts in Deutschland zu erreichen. Deutschland sollte kommende Mindeststandards bereits erfüllen, bevor sie zur verbindlichen Richtlinie werden.

Im Juli 2022 hatte die Europäische Kommission zum dritten Mal in Folge einen Bericht zur Rechtsstaatlichkeit in der EU veröffentlicht. Zum ersten Mal enthielt der Bericht für jedes Land fünf Empfehlungen. Zu den fünf Empfehlungen an Deutschland gehört die Reform des Gemeinnützigkeitsrecht. Ende Oktober stellte Justizkommissar Didier Reynders den Bericht in Berlin vor und traf sich mit verschiedenen Stakeholder:innen, darunter unserer Allianz, zum Runden Tisch. Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung betonte Anke Meyer aus dem Auswärtigen Amt, dass die Bundesregierung bereits an der Umsetzung der Empfehlungen arbeite.

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