Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V. zur Debatte um die Gemeinnützigkeit des Bund der Steuerzahler
Zum heutigen Spiegel-Bericht zur Gemeinnützigkeit des Bund der Steuerzahler erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 200 Vereinen und Stiftungen:
“Die Berichte über den Bund der Steuerzahler zeigen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht unscharf und veraltet ist. Das Recht überfordert die gemeinnützigen Organisationen ebenso wie die Finanzämter als Aufsicht, wie schon 2018 unsere Finanzamtstudie zeigte.
Dadurch wird das Gemeinnützigkeitsrecht willkürlich: Viele alltägliche Verstöße werden nie gerügt, doch in Einzelfällen werden Auseinandersetzungen über Jahre und bis hin zum Bundesfinanzhof geführt. Die Angst vor solchen Auseinandersetzungen ist Alltag und beschränkt das zivilgesellschaftliche Handeln. Das mag dazu beigetragen haben, dass vor wenigen Tagen der Status Deutschlands für Freiraum der Zivilgesellschaft von offen auf beeinträchtigt abgestuft wurde. Insbesondere der Zweck ‘Förderung des demokratischen Staatswesens’ ist unklar und umstritten.Deshalb muss die Ampel-Koalition endlich ihr Vorhaben umsetzen und das Gemeinnützigkeitsrecht ins 21. Jahrhundert bringen. Der Abstieg im Zivilgesellschafts-Ranking sollte mindestens so ernst genommen werden wie ein Abstieg im olympischen Medaillenspiegel.”
Der Bund der Steuerzahler selbst bangt nicht um seine Gemeinnützigkeit, teilt er mit. Doch eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht bedroht. An die 200 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Campact und der Bund der Steuerzahler.
Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de
Weiterführende Infos
- Mit unserer Finanzamt-Studie hatten wir 2017/2018 nachgewiesen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht ungenau ist und verschiedene Finanzämter gleiche Fälle verschieden beurteilen: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/finanzamt-studie-gemeinnuetzigkeitsrecht-muss-verbessert-werden/
- Was im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zu Gemeinnützigkeit steht: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/ampel-koalitionsvertrag-2021-gemeinnuetzigkeit-zivilgesellschaft/
- Fünf Prozent aller Vereine halten sich mit politischen Forderungen zurück aus Angst vor dem Gemeinnützigkeitsstatus – ein Befund des ZiviZ-Survey 2023: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/30000-vereine-verstummen-wegen-zu-engem-gemeinnuetzigkeitsrecht-ziviz/
- Die globale Civicus-Allianz hatte in ihrem Monitor vor wenigen Tagen den Freiraum für zivilgesellschaftliches Handlen in Deutschland von “offen” (open) auf “beeinträchtigt” (narrow) abgestuft: https://monitor.civicus.org/presscentre/germany/
- Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte am 14. November 2023 bestätigt, dass der Verein innnit mit seiner Petitionsplattform den gemeinnützigen Zweck “Förderung des demokratischen Staatswesens” verfolgt. Der Rechtsstreit dauert bereits fast vier Jahre – und wird wohl vor dem Bundesfinanzhof fortgesetzt: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/innnit-gewinnt-vor-finanzgericht/