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Zivilgesellschaft ist gemeinnützig Beiträge

Gemeinützige Kita-Vereine können Vereine bleiben

Noch eine Gemeinnützigkeits-Nachricht in dieser Woche: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Trägervereine von Kitas und ähnlichen Einrichtungen eingetragene Vereine sein können. Mehrfach hatten Amtsgerichte solche Kita-Vereine aus den Registern gelöscht, da diese hauptsächlich wirtschaftlich tätig seien, auch ohne damit Gewinn zu erzielen. Der BGH urteilte nun, dass so ein Verein nicht als „wirtschaftlicher Verein“ gelte, da der seinen Betrieb zur Erfüllung seiner ideellen Zwecke betreibe. Als wichtigstes Indiz dafür nimmt der BGH die Anerkennung als gemeinnützig und stellt damit das Prinzip der Selbstlosigkeit heraus, das Gemeinnützige von kommerziellen Unternehmen unterscheidet.

Gericht begründet Gemeinnützigkeit von Attac

Der 4. Senat des Hessischen Finanzgerichts in Kassel unter Vorsitz des Richters Hel­mut Lotzgeselle hatte am 10. November 2016 entschieden, dass Attac gemeinnützig ist und damit der Klage von Attac stattgegeben (Az: 4 K 179/16). Die schriftliche Urteilsbegründung wurde erst im April 2017 vorgelegt. Das beklagte Finanzamt möchte eine Revision beim Bundesfinanzhof erreichen. Des­wegen hat es eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Die Entscheidung und ihre Begründung wird hier dargestellt. Das Urteil ist nicht verbindlich für andere Verfahren, aber die Begründungen können natürlich in Auseinandersetzungen verwendet werden.

  • Attac hat das zugestellte Urteil hier als PDF veröffentlicht. Auf diese Fassung beziehen sich die Seitenangaben in den folgenden Hinweisen.
  • Das Gericht hat eine Online-Fassung als PDF veröffentlicht.
  • Zusätzlich hat das Gericht 16 Leitsätze veröffentlicht (PDF).

Finanzamt verhindert weiter Gemeinnützigkeit von Attac

Pressemitteilung der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ vom 17. Mai 2017

  • Urteilsbegründung des Finanzgerichts belegt Gemeinnützigkeit von Attac
  • Finanzamt verhindert Rechtskraft durch Beschwerde beim BFH
  • Politik muss Rechtssicherheit schaffen

Obwohl das Finanzgericht Kassel fundiert begründet hat, warum das globalisierungskritische Netzwerk Attac gemeinnützig ist, akzeptiert das Finanzamt Frankfurt dieses Urteil nicht und verlangt eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH). Für Attac und seine Spender bedeutet dies weitere Jahre Benachteiligung und Unsicherheit. Diese Unsicherheit betrifft viele Initiativen, die sich für die Demokratie und die Gesellschaft engagieren. Die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, ein Zusammenschluss von 80 Vereinen und Stiftungen, fordert daher vom Bundestag gesetzliche Klarstellungen. Das Finanzgericht hatte keine Revision zugelassen. Nach Angaben von Attac hat das Finanzamt dagegen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Damit wird das Urteil des Finanzgerichts nicht rechtskräftig. Attac wartet seit drei Jahren auf eine rechtskräftige Entscheidung über seine Gemeinnützigkeit.

BFH öffnet Katalog gemeinnütziger Zwecke

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Fiktion der abgeschlossenen Liste gemeinnütziger Zwecke faktisch aufgehoben. In einem jetzt veröffentlichten Urteil erklären die obersten Finanzrichter, dass die Finanzverwaltung ein Anliegen als gemeinnützig anerkennen muss, wenn das Anliegen keinem der im Gesetz aufgelisteten Zwecke zuzuordnen ist, aber in gleicher Weise wie ein gesetzlicher gemeinnütziger Zweck die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet fördert. Das Gericht verwirft die Behauptung der Finanzverwaltung, dass diese Anerkennung nur möglich sei, wenn das Anliegen sich erst nach der jüngsten Gesetzesänderung neu entwickelt hat.

Demokratie ist nicht Sache der Politik allein

Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will für die Demokratie streiten – so, wie es viele zivilgesellschaftliche Organisationen seit Jahren tun. In seiner Antrittsrede nach seiner Vereidigung am 22. März 2017 erinnerte er daran, „dass die Demokratie weder selbstverständlich noch mit Ewigkeitsgarantie ausgestattet ist. Dass sie – einmal errungen – auch wieder verloren gehen kann, wenn wir uns nicht um sie kümmern.“ Es bleibe diese Aufgabe: „Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte verteidigen.“ Wer Partei für die Demokratie ergreife, werde ihn an seiner Seite haben, denn schließlich: „Streiten für Demokratie ist nicht Sache der Politik allein.

„Bürgerschaftliches Engagement ist immer politisch“

… sagte Dr. Rolf Möhlenbrock, Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, am 22. März 2017 während einer Anhörung über Gemeinnützigkeit im Bundestags-Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“. Der Bundestag fasst die zweistündige Anhörung auf seiner Website so zusammen: „Experten: Steuerlicher Gemeinnützig­keits­ka­ta­log ist unvollständig.“ Außer Möhlenbrock waren als Experten geladen Stefan Diefenbach-Trommer für die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ und Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement.

(Aktualisierung 18. April 2017: Umfassendes Protokoll der Anhörung als PDF)

22. März: Gemeinnützigkeit erneut im Bundestag

Das Gemeinnützigkeits-Recht und seine Beschränkungen für selbstlos politisch tätige Organisationen sind erneut Thema im Bundestag. Am Mittwoch, 22. März 2017, lädt der Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement ab 17 Uhr zur öffentlichen Anhörung ins Paul-Löbe-Haus in Berlin. Die Abgeordneten hören dort zunächst Einführungen von

  • Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V.,
  • Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) und
  • Rolf Möhlenbrock, Unterabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium.

Jahresbericht 2016

Anfang des Jahres eröffnete die Allianz nach dem Ausscheiden des Vorstands Jörg Rohwedder ihr Büro in Marburg. Nachdem die Stelle der Koordination anfänglich auf zwei Personen aufgeteilt war, wurde Vorstand Stefan Diefenbach-Trommer im Laufe des Jahres alleiniger Koordinator.

Einigkeit im Bundestag: Gemeinnützigkeitsrecht überprüfen

Der Bundestag hat uns ein Weihnachtsgeschenk gemacht: In einer Debatte über die Gemeinnützigkeit haben Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen am vergangenen Donnerstagabend (15. Dezember 2016) angekündigt, das Gemeinnützigkeitsrecht und insbesondere den Zweck-Katalog überarbeiten zu wollen – auch die CDU/CSU, deren Finanzfachleute bisher noch nicht mit uns sprechen wollten. Die Vorschläge der Abgeordneten reichen von fraktionsübergreifender Verständigung über Debatte im Finanzausschuss bis Vertagung auf das Jahr 2018.

Mehrere Abgeordnete bekräftigten den wichtigen Beitrag des politischen Engagements in zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Demokratie und thematisierten die unterschiedlichen Interpretationen der Finanzämter.

Donnerstag 15.12.2016, 18:25 Uhr: Bundestag debattiert Gemeinnützigkeit

Recht kurzfristig ist für kommenden Donnerstag (15. Dezember) nun im Bundestag die Debatte über die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Grünen zu Gemeinnützigkeit und politischer Willensbildung angesetzt. Die Debatte beginnt gegen 18:25 Uhr und soll 30 Minuten dauern. Sie ist auf der Bundestags-Website als Videostream zu verfolgen.

Nach dem Attac-Urteil am 10. November hatten unter anderem die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen Gesetzes-Änderungen gefordert, um Rechtssicherheit für Organisationen wie Attac zu schaffen. Die Fraktion von CDU/CSU hat sich dazu bisher nicht geäußert, wird es aber am Donnerstag tun müssen.