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Schlagwort: Jahressteuergesetz

Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts: Was bisher geschah – wir warten auf einen Gesetzesentwurf

Im November 2021 hatten die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren. Einen Gesetzesentwurf dazu gibt es bis jetzt (Stand: 8. April 2024) nicht – trotz mehrfacher Ankündigungen. Eine Chronik vom Koalitionsvertrag bis jetzt:

Jahressteuergesetz 2020 – das ändert sich

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 kommen zahlreiche Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht. Der Bundestag hat das Gesetz am 16.12.2020 beschlossen, der Bundesrat hat am 18.12.2020 zugestimmt. Die Änderungen der Abgabenordnung, wie z.B. das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, gelten seit dem 28.12.2020 (Tag der Verkündung). Änderungen wie die Anhebung der Übungsleiterpauschale gelten seit dem 1.1.2021.

Die Änderungen bringen viele Erleichterungen und Verbesserungen, aber lösen noch lange nicht alle Probleme. Auf der Positivseite stehen unter anderem fünfeinhalb neue Zwecke, darunter Klimaschutz und die Hilfe gegen Diskriminierung wegen geschlechtlicher Orientierung/Identität. Es fehlen weitere neue Zwecke wie Förderung der Menschenrechte. Es fehlt auch eine gesetzliche Klarstellung zur politischen Betätigung für gemeinnützige Zwecke. Die Fraktion von CDU/CSU war der Meinung, die Klarstellung sei unnötig, weil solche Tätigkeiten problemlos möglich seien. Die Praxis jedoch zeigt große Verunsicherung und auch Beschränkungen durch Finanzämter.

Hier eine Übersicht der Änderungen und der noch ausstehenden Änderungen. Diese Übersicht stellt keine rechtliche Beratung dar.

Jahressteuergesetz: Kleine Schritte ins 21. Jahrhundert

Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V.

  • Bundestag bewegt Gemeinnützigkeit mit kleinen Schritten Richtung 21. Jahrhundert
  • Neue Zwecke erweitern Handlungsspielraum
  • Unsicherheit zu politischen Tätigkeiten bleibt bestehen

Der Bundestag wird heute Abend (Mittwoch, 17:50 Uhr) mit dem Jahressteuergesetz zahlreiche Änderungen am Gemeinnützigkeitsrecht verabschieden, auf die sich die Koalitionsfraktionen geeinigt hatten. (Einen Überblick der Änderungen finden Sie hier.) Zur Gesetzesänderung erklärt von Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

“Mit kleinen Schritten bewegt der Bundestag das Gemeinnützigkeitsrecht Richtung 21. Jahrhundert. Die neuen gemeinnützigen Zwecke gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Identität, wegen rassistischer Verfolgung sowie der Förderung des Klimaschutzes erweitern den Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Organisationen. Mit gemeinnützigen Zwecken werden nicht Ziele vorgegeben, sondern Handlungs- und Debattenräume eröffnet. Die politische Beteiligung gehört zum modernen Verständnis von Zivilgesellschaft, in dem nicht-staatliche und nicht-kommerzielle Akteure in der Funktion als Wächter von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit, als Anwälte für Themen auftreten.

Koalition einig bei Jahressteuergesetz

Nach mehreren Verschiebungen des Jahressteuergesetzes haben sich CDU, SPD und CSU gestern (3.12.) geeinigt. Leider ohne die von uns geforderten und dringend nötigen Klarstellungen zu politischen Mitteln. Dies bedauern wir sehr, auch wenn es einige Verbesserungen für gemeinnützige Organisationen geben wird. Wir freuen uns besonders, dass der Einsatz gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität nun endlich einen eindeutigen gemeinnützigen Zweck erhält. Auch die Aufnahme des Klimaschutzes ist ein großer Schritt nach vorne. Doch von den Vorteilen bleiben die Vereine ausgeschlossen, die ihre Zwecke überwiegend mit politischen Mitteln wie Demonstrationen oder Forderungen an die Regierung verfolgen.

Es ist sehr bedauerlich, dass sich die Regierungsparteien auf entscheidende Verbesserungen im Gemeinnützigkeitsrecht nicht einigen konnten. Dadurch besteht die Gefahr, dass anti-demokratisches Engagement unwidersprochen bleibt, weil sich ein Sportverein oder ein Heimatverein nicht sicher sind, ob sie dagegen halten können, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu riskieren. Eine auch mal laute, sich einmischende Zivilgesellschaft als Themenanwältin und Wächterin über Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit ist in einer liberalen Demokratie unverzichtbar und braucht Rechtssicherheit.

Gemeinnützigkeit und Demokratieförderung: Blockade Jahressteuergesetz unverständlich

Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V.

  • Fördermittel für Demokratie sind Schritt 2 vor Schritt 1
  • Appell: Gemeinnützigkeit ins 21. Jahrhundert bringen
  • Blockade bei Jahressteuergesetz unverständlich

Laut einer Meldung der FAZ von heute (25.11.2020) wurde die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes im Bundestag erneut verschoben. CDU/CSU würden sich gegen Reformen bei der Gemeinnützigkeit stemmen, die das Engagement für Demokratie und Grundrechte absichern würden. Gleichzeitig beschließt das Bundeskabinett, genau dieses Engagement fördern zu wollen.

Dazu erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 180 Vereinen und Stiftungen:

“Alle Mitglieder der Regierungsfraktionen wollen die Demokratie stärken und dafür zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen. Doch diesen Vereinen und Stiftungen fehlen wichtige Grundlagen im Gemeinnützigkeitsrecht. Es ist unverständlich, dass bereits im Bundesrat die CDU/CSU-mitregierten Länder dieser Formulierung nicht zustimmen wollten:
‘Elementare Bestandteile einer lebendigen Demokratie sind eine kritische Zivilgesellschaft und starke Organisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten, sich einmischen und Stellung beziehen. Die selbstlose Beteiligung an der öffentlichen Meinungsbildung sowie der politischen Willensbildung sind Kennzeichen des zivilgesellschaftlichen Engagements und ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Gemeinwesens.’

Dachverbände legen gemeinsame Forderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht vor

Gemeinsame Pressemitteilung von 12 Dachverbänden und Netzwerken: Demokratie lebt von der Stärke ihrer Zivilgesellschaft

Mit einem gemeinsamen Statement haben zwölf Dachverbände und Netzwerke aus unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft auf die Notwendigkeit einer Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts hingewiesen. “Unsere Mitglieder stiften Gemeinschaft, fördern das Zusammenleben und geben immer wieder kritische Impulse für die gesellschaftliche Weiterentwicklung. Die im Rahmen des Jahressteuergesetzes angestoßenen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht machen die Arbeit vieler gemeinnütziger Vereine und Stiftungen einfacher. Doch die Vorschläge sind nicht ausreichend und schaffen nicht die notwendige Rechtssicherheit”, so die Position der beteiligten Organisationen.

Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 im Finanzausschuss

In der öffentlichen Anhörung zum Jahressteuergesetz 2020 des Finanzausschuss des Bundestages am 26.10.2020 – anlässlich der Empfehlungen des Bundesrates und der Länder-Finanzminister*innen – wurde unter anderem das Thema Gemeinnützigkeit besprochen. Verschiedene geladene Sachverständige hatten sich bereits im Vorfeld im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahmen dazu geäußert und konnten wichtige Fragen zu bestehenden Rechtsunsicherheiten zivilgesellschaftlicher Organisationen beantworten.

Auch wir als Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” haben in einer  unaufgeforderten Stellungnahme auf die Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht hingewiesen. Darin begrüßen wir grundsätzlich die vom Bundesrat am 9.10.2020 vorgeschlagenen Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht, da sie vielen Organisationen mehr Rechtssicherheit bieten würden. Der Vorstoß des Bundesrates wäre aber zu kurz gegriffen, da er zu kurz greift. Es würden weiterhin die Klarstellung zur politischen Betätigung zum eigenen Zweck sowie bei Gelegenheit zu anderen gemeinnützigen Zwecken fehlen. Weiterhin weisen wir darauf hin, dass die vom Bundesrat vorgeschlagene Ausweitung des Zweckekatalogs zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, es aber eine weitere Ausweitung um die Zwecke der Förderung der Menschenrechte und Grundrechte, des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der informationellen Selbstbestimmung benötige.

Bundesrats-Vorschlag zu Gemeinnützigkeit ist unvollständig

Pressemitteilung der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V.

Der Bundesrat schlägt in seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz erneut zahlreiche sinnvolle Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts vor. Doch einer der Vorschläge aus der Vorlage erhielt keine Mehrheit der Bundesländer – die Ziffer 53, mit der Rechtssicherheit für politische Tätigkeit zugunsten eigener gemeinnütziger Zwecke geschaffen werden sollte.

Zur heutigen Abstimmung erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 175 Vereinen und Stiftungen:

“Die Vorschläge des Bundesrats zum Gemeinnützigkeitsrecht enthalten viele sinnvolle und überfällige Änderungen, die Engagement und den zivilgesellschaftlichen Sektor stärken. Doch die Vorschläge sind nicht vollständig und setzen falsche Schwerpunkte. Fatal ist die Weigerung der Mehrheit, Rechtssicherheit für Vereine und Stiftungen zu schaffen. Viele Vereine und Stiftungen sind spätestens seit dem Attac-Urteil in Sorge um ihren Status, wenn sie sich politisch einmischen. Damit wird selbstloses Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für die Demokratie nicht ernst genommen.

Bundesrat entscheidet über Vorschläge zur Gemeinnützigkeit

In ihrer Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2020 werden die Bundesländer in der Bundesrats-Sitzung am Freitag, 9. Oktober, voraussichtlich erneut ihre Forderungen zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts beschließen. [Aktualisierung – zum Beschluss siehe hier.] Die Empfehlung der Bundesrats-Ausschüsse wiederholt weitgehend Forderungen der Länder vom Vorjahr, aber es gibt einige Neuerungen. Zu den Forderungen gehören neue Zwecke von Klimaschutz bis “Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden”, Erleichterungen des Ausstiegs aus der Gemeinnützigkeit und der zeitnahen Mittelverwendung für kleine Organisationen sowie neu eine Klarstellung zu politischen Tätigkeiten.

Der Entwurf der Bundesregierung (der bereits am Donnerstag auch in erster Lesung im Bundestag behandelt wird) sah keine Regelungen zu Gemeinnützigkeit vor. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung sich gegen die Länder-Vorschläge ausgesprochen und auf einen kommenden, umfassenden Entwurf des Bundesfinanzministeriums zur Gemeinnützigkeit verwiesen – der bisher nicht erschienen ist. Ob Bundesregierung oder Bundestag nun den Vorschlägen folgen, ist offen. Offen ist auch noch, ob der Bundesrat die Ausschuss-Vorlage in der Form beschließt.