Visit page
Zum Inhalt springen

Zivilgesellschaft ist gemeinnützig Beiträge

Corona-Krise und zivilgesellschaftliche Organisationen

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind von der Corona-Krise spezifisch betroffen. Ihre einmischende, wachende und anwaltschaftliche Arbeit ist besonders wichtig. Bei Hilfsmaßnahmen sind sie oft nicht mitgedacht. Ihre Ressourcen sind oft geringer als die großer Unternehmen. Einige Tipps und Hinweise:

SWR-Feature: Zivilgesellschaft und Demokratie

55 Minuten zum Anhören: Dass eine freiheitliche Gesellschaft Organisationen der Zivilgesellschaft braucht, zeigt sich nicht nur in der Krise. Ein spannendes Feature über Zivilgesellschaft, Demokratie und natürlich dem zugehörigen Recht der Gemeinnützigkeit lief am 1. April (wirklich) auf SWR 2 und ist weiterhin online nachzuhören – sehr empfehlenswert, auch zum Weiterreichen (zum Beispiel an Lehrer*innen, die Stoff für ihren Gesellschaftskunde-Unterricht suchen).

Jahresbericht 2019

Das Jahr 2019 war geprägt von der überraschenden Verkündung des Revisions-Urteils des Bundesfinanzhofs im Fall Attac am 26. Februar 2019. Das Urteil hat dem Thema Gemeinnützigkeit hohe Aufmerksamkeit gebracht. Da es weit über Attac hinaus wirkt, haben sich darauf beziehend mehrere Finanzämter Vereinen den Status der Gemeinnützigkeit entzogen.

Finanzministerium: Politisches Engagement erlaubt

„Politisches Engagement und Gemeinnützigkeit schließen sich nicht aus.“ Ein fast überraschender Satz des Bundesfinanzministeriums in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei. „Allgemein anerkannt ist, dass steuerbegünstigte Organisationen ihre Ziele und Zwecke auch politisch verfolgen dürfen. Kampagnen und Aktionen z.B. zum Umweltschutz, für Bildung und für Integration führen nicht automatisch zum Verlust der Gemeinnützigkeit“, erklärt das Ministerium weiter.

Bundestag debattiert Gemeinnützigkeit: Streichung Beweislastumkehr

Im Bundestag gab es erneut eine Debatte zur Gemeinnützigkeit. Die lebendige Debatte am 13. März streifte viele Aspekte und zeigte, dass die Abgeordneten nach und nach die Vielfalt zivilgesellschaftlicher Organisationen und ihre Probleme verstehen – aber auch, dass dieser Weg noch nicht zu Ende gegangen ist. Anlass war ein Antrag der Linkspartei. Sie will aus der Abgabenordnung die Beweislastumkehr streichen. Diese Umkehr gilt bisher, wenn eine gemeinnützige Organisation in einem Verfassungsschutzbericht als extremistisch aufgeführt wird. Diese Streichung fordert auch die Allianz. Der Antrag wird nun weiter im Finanzausschuss beraten.

Bremen und Berlin wollen Ziele für Reform setzen

Die Stadtstaaten Bremen und Berlin (beide rot-grün-rot regiert) haben in den Bundesrat eine Entschließung zur Gemeinnützigkeit eingebracht, die dort am 13. März zunächst in den Finanzausschuss verwiesen wurde. Die Entschließung mit der Drucksachennummer 114/20 macht keine konkreten Regelungs-Vorschläge, aber sie setzt Zielmarken. Solche Zielmarken scheinen bisher in den Überlegungen der Fachleute in den Finanzministerien zu fehlen.

Erlass mildert Wirkung des Attac-Urteils – wem nutzt es?

Die Finanzminister*innen von Bund und Ländern haben sich auf einen Erlass geeinigt, um die in diesem Jahr befürchteten hunderten Aberkennungen der Gemeinnützigkeit in Folge des Attac-Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) zunächst zu vermeiden. Das berichtete die Tageszeitung „taz“ am Freitag, 28. Februar 2020. Der Erlass soll eine Atempause verschaffen, um das Gesetz anzupassen. Das Bundesfinanzministerium ist mit der Initiative unter anderem einer Anregung unser Allianz nachgekommen. Wir versuchen hier, die Auswirkungen des noch nicht veröffentlichten Erlasses zu beschreiben.
(Stand 2. März 2020)

Ergänzung 5. Mai 2020: Bisher wurde dieser Erlass nicht veröffentlicht und es gibt verschiedene Auskünfte, ob und wie die Regelung tatsächlich gilt.

Was das neue Attac-Urteil bedeutet

Die erneute Finanzgericht-Verhandlung über die Gemeinnützigkeit von Attac am 26. Februar 2020 hat unsere Kritik am fatalen und schlecht begründetem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Die Richter des Hessischen Finanzgerichts nannten mehrere Lücken und Unklarheiten des BFH-Urteils, mussten aber dessen restriktiver Auslegung der politischen Bildung folgen. Das Landesgericht konnte daher – anders als in November 2016 – die Gemeinnützigkeit von Attac nicht bestätigen.

Finanzgericht Hessen kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs

Pressestatement der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ e.V. zur Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts zur Gemeinnützigkeit von Attac

  • Finanzgericht kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs
  • Engagement für Demokratie braucht Rechtssicherheit

Der vierte Senat des Hessischen Finanzgerichts hat heute die Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit abgewiesen. Eine erneute Revision vor dem Bundesfinanzhof ist zugelassen und wahrscheinlich.

Genau ein Jahr zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben, aber nicht abschließend über die Gemeinnützigkeit von Attac entschieden. Der BFH hatte dem Landesgericht enge Vorgaben zur Interpretation des Zwecks der politischen Bildung gemacht, aber nicht zu anderen Zwecken. Der Vorsitzende des hessischen Senats, Helmut Lotzgeselle, kritisierte das BFH-Urteil unter anderem als mit heißer Nadel gestrickt. Eine mögliche erneute Revision gebe dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich den Fragen politischer Einmischung durch gemeinnützige Organisationen umfassend und fundiert zu widmen.

Drei Schritte, um Freiräume für demokratisches Engagement zu sichern

Der Staat kann mit Polizei und Justiz Verletzungen von Grundrechten, Rassismus und Hasskriminalität verfolgen und ahnden. Doch die Voraussetzungen einer Demokratie, Respekt und Akzeptanz gemeinsamer Werte, kann er nicht verordnen. Die Voraussetzungen dafür schaffen vor allem Bürgerinnen und Bürger durch ihr Zusammenleben, durch ihr Engagement in zivilgesellschaftlichen Organisationen. Doch genau dieses Engagement ist durch Lücken im Gemeinnützigkeitsrecht und das Attac-Urteil bedroht. Der Staat müsste noch vor Gesetzesänderungen Schutz geben, im ersten von drei Schritten mit einem Erlass des Bundesfinanzministeriums.