Visit page
Zum Inhalt springen

Kategorie: Presse

Beschwerde gegen Attac auf Weisung des Bundesfinanzministers

Pressemitteilung der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” vom 18. Mai 2017

  • Bundesweisung zur Gemeinnützigkeit von Attac ist politisch motiviert
  • Politik muss Abgabenordnung klar formulieren

Zur Nachricht, dass das Frankfurter Finanzamt auf Weisung des Bundesfinanzministeriums gegen die erfolgreiche Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit vorgeht, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V.:

“Wenn der Bundesfinanzminister klären will, was gemeinnützig ist und was nicht, dann soll er für eine klar formulierte Abgabenordnung sorgen, damit der Streit darum nicht zu Lasten bürgerschaftlichen Engagements vor Gericht landet. Es ist eine politische Frage, wie Bundestag und Bundesregierung beurteilen, welche Rolle selbstlose Gruppen und Organisationen in einer liberalen Demokratie spielen. Was zum gemeinnützigen Zweck ‘Förderung des demokratischen Staatswesens’ gehört, ist eine Grundsatzfrage. Die muss in der politischen Arena geklärt werden, nicht vor Gericht.”

Finanzamt verhindert weiter Gemeinnützigkeit von Attac

Pressemitteilung der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” vom 17. Mai 2017

  • Urteilsbegründung des Finanzgerichts belegt Gemeinnützigkeit von Attac
  • Finanzamt verhindert Rechtskraft durch Beschwerde beim BFH
  • Politik muss Rechtssicherheit schaffen

Obwohl das Finanzgericht Kassel fundiert begründet hat, warum das globalisierungskritische Netzwerk Attac gemeinnützig ist, akzeptiert das Finanzamt Frankfurt dieses Urteil nicht und verlangt eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH). Für Attac und seine Spender bedeutet dies weitere Jahre Benachteiligung und Unsicherheit. Diese Unsicherheit betrifft viele Initiativen, die sich für die Demokratie und die Gesellschaft engagieren. Die Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, ein Zusammenschluss von 80 Vereinen und Stiftungen, fordert daher vom Bundestag gesetzliche Klarstellungen. Das Finanzgericht hatte keine Revision zugelassen. Nach Angaben von Attac hat das Finanzamt dagegen eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Damit wird das Urteil des Finanzgerichts nicht rechtskräftig. Attac wartet seit drei Jahren auf eine rechtskräftige Entscheidung über seine Gemeinnützigkeit.

Reaktionen auf das Attac-Urteil

Die Verhandlung und Entscheidung hat viele Reaktionen ausgelöst – viele Presseberichte, aber auch Pressemitteilungen von Parteien und Organisationen sowie pointierte Zeitungs-Kommentare. SPD und Grüne fordern in Pressemitteilungen gesetzliche Klarstellungen und übernehmen damit Forderungen der Allianz. Politik-Redakteure fordern gesetzliche Änderungen. Nur aus Ministerien gibt es noch keine öffentlichen Reaktionen.

Gericht gibt Attac Gemeinnützigkeit zurück

Aktuellere Texte:

Pressemitteilung vom 10. November 2016

Das Finanzgericht Kassel hat entschieden, dass die Aktivitäten von Attac gemeinnützig sind. Damit hat es die Auslegung des Gesetzes durch das Finanzamt als rechtswidrig aufgehoben. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit erfolgte zu Unrecht. Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 60 Vereinen und Stiftungen, erklärt dazu:

“Wer sich für die demokratische Grundordnung, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und ein gerechtes Steuersystem einsetzt und damit natürlich auf die Politik einwirkt, kann gemeinnützig sein, hat das Finanzgericht bestätigt. Damit sollte der Mythos Geschichte sein, dass das Gesetz zwischen politischen und gemeinnützigen Zwecken unterscheidet. Diese Behauptung ist durch das Gesetz nicht gedeckt. Selbstloses politisches Engagement findet auch außerhalb von Parteien und Parlamenten statt. Es nutzt der Gesellschaft, es wirkt Polarisierung entgegen. Deshalb ist es förderungswürdig.

Bei Gemeinnützigkeit geht es um Gesellschaft, nicht um Markt

In der Wirtschaftswoche vom 11. Juli 2016 ist ein großer Artikel zu Gemeinnützigkeit erschienen, der jedoch verschiedene Aspekte vermengt. Letztlich geht es in dem Artikel darum, dass sich eigennützige und wirtschaftliche Interessen gelegentlich in der Gemeinnützigkeit verstecken. Nur ungenau unterschieden wird dabei der Fall, dass sich Menschen oder Unternehmen zum eigenen Nutzen zusammentun und dabei Vorteile der Gemeinnützigkeit nutzen, von dem Vorwurf gegen gemeinnützige Organisationen, sie wären im Wettbewerb gegenüber Profit-Unternehmen im Vorteil.

Spiegel: Rechtspopulistische Vereine gemeinnützig?

Das Magazin “Der Spiegel” berichtet in seiner Ausgabe vom 30. April 2016 über mehrere gemeinnützige Vereine, die von der rechtspopulistischen Politikerin Beatrix von Storch betrieben werden.  Insbesondere geht es um den Verein “Zivile Koalition”. Der Spiegel kritisiert in dem Bericht unter anderem den lässigen Umgang mit Buchhaltung und Vermögen der Vereine, dass Verwendungszwecke von Spenden unklar sind und dass mit systematischem Fundraising Politaktivismus finanziert werde. Zudem stellt er die Selbstlosigkeit der Vereine in Frage, da mit ihnen durch Mietzahlungen Immobilien der Storch-Familie finanziert werden.

Dass Vereine Spenden sammeln, um damit ihre gemeinnützigen Zwecke auch mit politischen Mitteln zu finanzieren, dass sie dazu auch Fachpersonal beschäftigen und professionell auftreten, sollte in einer Demokratie selbstverständlich möglich sein. Was der Spiegel beschreibt, stellt allerdings die Gemeinnützigkeit der Vereine aus anderen Gründen in Frage.

Attac: Finanzamt bremst demokratisches Engagement

Allianz fordert Gesetzesänderung: Gemeinnützigkeitsrecht muss Attac und anderen aktiven Vereinen Sicherheit geben

Das Finanzamt Frankfurt verweigert dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac weiterhin die Gemeinnützigkeit. Wie Attac jetzt mitteilte, hat das Finanzamt den Einspruch des Trägervereins gegen den aberkennenden Bescheid abgelehnt.

“Bund und Länder müssen das Gemeinnützigkeitsrecht sofort ändern. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die zu einer starken Demokratie beitragen, dürfen nicht länger Gefahr laufen, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Es gibt einen gesellschaftlichen und politischen Konsens, dass zivilgesellschaftliches Engagement auch politisch sein darf. Das Gesetz bildet diesen Konsens nicht ab, es ist unklar und widersprüchlich”, erklärt dazu Stefan Diefenbach-Trommer, Koordinator der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”.

Süddeutsche: Alles Gemeinwohl ist politisch

Wir beschäftigen uns mit Gemeinnützigkeit. Das ist ein Thema für Finanzämter und Steuerrechtlerinnen – scheinbar. Doch es geht um viel mehr. Es geht darum, wie diese Gesellschaft, wie Demokratie funktioniert. Wer auf Entscheidungen Einfluss nimmt. Wie sich Bürgerinnen und Bürger organisieren können. Es geht auch darum, wie die Macht finanzstarker Akteure in der politischen Willensbildung in ein Gleichgewicht mit selbstlosen Akteuren, die zum Wohle der Allgemeinheit handeln, gebracht werden können.

Diese Ebene hat sehr fundiert und engagiert Andreas Zielcke in der Süddeutschen Zeitung untersucht. Unter der Überschrift “Aktivismus unerwünscht” kritisiert der Journalist in der Ausgabe vom 15. Februar 2016, dass im Gemeinnützigkeitsrecht ein Staatsverständnis vorherrsche, dass den Wandel des Gemeinwesens hin zu mehr Demokratie verkenne. In diesem Verständnis würden nur Parteien als politische Gruppierungen subventioniert. “Doch je weiter Demokratisierung voranschreitet, desto mehr verschiebt sich auch die Definitionsherrschaft darüber, was unter Gemeinwohl zu verstehen ist, vom Staat und politischem Establishment auf die, die es angeht”, schreibt Zielcke, und kommt zum Schluss: “Die Devise ‘alles Gemeinwohl ist politisch’ versteht sich, müsste man denken, mehr denn je von selbst.”

Debatte nimmt Fahrt auf: Zwei Branchen-Veröffentlichungen

Die Debatte über Gemeinnützigkeit und politische Willensbildung nimmt im neuen Jahr Fahrt auf. Zwei große Medien der NGO-Branche nehmen sich des Problems an

“Lebe lieber unpolitisch” überschreibt die Zeitschrift “Die Stiftung” ihre Titelgeschichte der Januar-Ausgabe über die Schwierigkeiten gemeinnütziger Organisationen mit gesellschaftlicher Einmischung. Die Situation und die Forderungen der Allianz werden fundiert und gut lesbar aufbereitet. Die Zeitschrift konstatiert eine “rechtliche Grauzone”, wenn sich zivilgesellschaftliche Organisationen in politische Entscheidungsprozesse einmischen. Herausgeber Gregor Jungheim schreibt im Editorial, dass die verschiedenen Folgen von Einmischung “einen schalen Beigeschmack” hinterlassen.

Gemeinnützige sind selbstlos, ihre Empörung ist nicht zweckfrei

Bereits um den Jahreswechsel 2015/2016 berichteten mehrere Medien über Campact und die Forderung eines CDU-Bundestagsabgeordneten. Der hatte verlangt, die Gemeinnützigkeit von Campact zu prüfen, da der Verein Politik betreibe Der CDU-Politiker verwendete dafür bereits im Laufe des Jahres 2015 den Begriff “Empörungsindustrie”. Damit zielte er auf gemeinnützige zivilgesellschaftliche Organisationen, die gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP Stellung bezogen hatten.

Der Begriff “Empörungsindustrie” ist perfide, denn er stellt eine der Säulen der Gemeinnützigkeit in Frage. Gemeinnützig ist, wer selbstlos das Wohl der Allgemeinheit fördert – das ist ein entscheidender Unterschied zu Industrie-Lobbyisten, die im Interesse ihrer Auftraggeber oder der eigenen Firma handeln. Genau dies ist bei gemeinnützigen Organisationen nicht der Fall.