Über “Kommunen, Wohnen, Ehrenamt, Kultur, Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen” sprechen CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am Mittwoch, 1. November, während ihrer Sondierung für eine Regierungskoalition. Hinter dem Begriff “Ehrenamt” können sich gewichtige Entscheidungen für die Demokratie und die Zivilgesellschaft verbergen, wenn alle beteiligen Parteien verstehen, dass Engagement unabdingbar für die Demokratie ist, dass Engagement weit über örtliche Vereine hinaus geht, dass zivilgesellschaftliche Organisationen an politischen Entscheidungen mitwirken und damit die Demokratie stärken, ohne selbst Parteien zu sein und in Parlamente zu streben.
Um diesem Engagement und den Herausforderungen für die Demokratie gerecht zu werden, müssten die Parteien in Koalitionsverhandlungen all diese Themen gemeinsam behandeln, am besten in einer eigenen Arbeitsgruppe “Engagement und Demokratie”. Am Anfang stünde wohl, sich auf gemeinsame Begriffe und deren Verständnis zu einigen – denn der Begriff “Ehrenamt” greift ebenso zu kurz wie ein Blick nur auf kommunal verankerte Vereine.
In den Wahlprogrammen verwenden die Parteien verschiedene Begriffe, die oft auch ein verschiedenes Verständnis erahnen lassen. Doch inhaltlich sind sie sich vielleicht näher – besonders im Ziel, das Beste für das Gemeinwohl entscheiden zu wollen. Was die Allgemeinheit am besten fördert, ist natürlich ein politischer Streit, den die Parteien unter anderem in Koalitionsverhandlungen und im Bundestag führen müssen und an dem sich selbstlos tätige Organisationen beteiligen werden.
- CDU und CSU schreiben in ihrem Wahlprogramm, dass die Bereitschaft, sich für Andere und für die Gemeinschaft einzusetzen, Teil der Leitkultur Deutschlands sei. Mehr dazu…
- Die CSU ergänzt in ihrem Bayernplan, dass sie die Bürger an der Ausgestaltung von Politik eng beteiligen möchte und dass Engagement in besonderer Weise zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitrage. Mehr dazu…
- Die FDP fordert engagierte Bürgerinnen und Bürger, die unterhalb der repräsentativen Demokratie mitbestimmen können. Mehr dazu…
- Bündnis 90/Die Grünen erklären, dass Demokratie Bürgerinnen und Bürger braucht, die sich einmischen, die für ihre Werte, für ihre Rechte und für die Rechte Anderer einstehen. Dazu brauche es lebendige Organisationen und manchmal auch unbequemes Engagement. Mehr dazu…
Der neue Bundestag muss zivilgesellschaftliche Gruppen einen sicheren Rechtsrahmen geben. Engagement darf nicht an bürokratischen Hürden scheitern, etwa an Kompliziertheiten des Gemeinnützigkeitsrechts. Organisationen, die selbstlos auf Entscheidungen zur Förderung der Allgemeinheit einwirken, müssen problemlos gemeinnützig sein, um ihre Arbeit aus Spenden finanzieren zu können oder um sich um Fördermittel bewerben zu können.
Eine Regierungskoalition sollte das Gemeinnützigkeitsrecht als Recht für das organisierte Engagement darauf prüfen, ob es die wichtigsten Funktionen der Zivilgesellschaft ausreichend fördert. Neue Zwecke wie die Förderung der Menschenrechte, der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit müssen ins Gesetz geschrieben werden.
In Regierung und Bundestag muss eine ressortübergreifende Koordination der Themen Demokratie, Engagement und zivilgesellschaftliche Organisationen hergestellt werden. Überprüft werden sollten auch Fragen der staatlichen Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements, etwa durch Haushaltsrecht, als auch Fragen des Umsatzsteuerrechts.
Idealerweise vereinbart eine neue Regierungskoalition, dass die Legislaturperiode nutzt, um die Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und ihrem Staat zu festigen. Dazu gehört,
- das Verhältnis von Staat und organisierter Zivilgesellschaft überprüfen und genauer bestimmen,
- Regeln und Verfahren der Demokratie zu überprüfen und anzupassen,
- in allen politischen Entscheidungen zu prüfen, welche Auswirkungen sie auf zivilgesellschaftliches Engagement haben.
In eigener Sache: Die Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” ist ein Zusammenschluss von mehr als 80 Vereinen und Stiftungen, deren Arbeit ausdrücklich auch den Einfluss auf politische Entscheidungen umfasst. Damit steht die Allianz für einen besonderen Ausschnitt zivilgesellschaftlicher Organisationen, ohne dass alle entsprechenden Gruppen Mitglied bei ihr wären. Die Allianz ist im Jahr 2015 mit Forderungen an das Gemeinnützigkeitsrecht angetreten und hat in Gesprächen mit Bundestagsfraktionen bereits viele Anstöße gegeben.
In der neuen Legislaturperiode nach der Bundestagswahl 2017 geht es um Umsetzungen und darum, den Blick zu weiten auf den gesamten Rechtsrahmen zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die Mitgliedsorganisationen der Allianz bringen zusammen ca. 45.000 Euro für die Arbeit der Allianz im Jahr 2018 auf. Um die Arbeit gut fortzusetzen und eine volle Stelle zu sichern, reicht das nicht aus. Dafür sind private Spenden nötig. Ihre Spende können Sie überweisen auf unser Konto DE29 4306 0967 2060 8072 00 (IBAN) bei der GLS-Bank (BIC GENODEM1GLS) oder hier eingeben.