Zivilgesellschaftliche Organisationen sind von der Corona-Krise spezifisch betroffen. Ihre einmischende, wachende und anwaltschaftliche Arbeit ist besonders wichtig. Bei Hilfsmaßnahmen sind sie oft nicht mitgedacht. Ihre Ressourcen sind oft geringer als die großer Unternehmen. Einige Tipps und Hinweise:
Schlagwort: Gemeinnützigkeit
55 Minuten zum Anhören: Dass eine freiheitliche Gesellschaft Organisationen der Zivilgesellschaft braucht, zeigt sich nicht nur in der Krise. Ein spannendes Feature über Zivilgesellschaft, Demokratie und natürlich dem zugehörigen Recht der Gemeinnützigkeit lief am 1. April (wirklich) auf SWR 2 und ist weiterhin online nachzuhören – sehr empfehlenswert, auch zum Weiterreichen (zum Beispiel an Lehrer*innen, die Stoff für ihren Gesellschaftskunde-Unterricht suchen).
Die Finanzminister*innen von Bund und Ländern haben sich auf einen Erlass geeinigt, um die in diesem Jahr befürchteten hunderten Aberkennungen der Gemeinnützigkeit in Folge des Attac-Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) zunächst zu vermeiden. Das berichtete die Tageszeitung “taz” am Freitag, 28. Februar 2020. Der Erlass soll eine Atempause verschaffen, um das Gesetz anzupassen. Das Bundesfinanzministerium ist mit der Initiative unter anderem einer Anregung unser Allianz nachgekommen. Wir versuchen hier, die Auswirkungen des noch nicht veröffentlichten Erlasses zu beschreiben.
(Stand 2. März 2020)
Ergänzung 5. Mai 2020: Bisher wurde dieser Erlass nicht veröffentlicht und es gibt verschiedene Auskünfte, ob und wie die Regelung tatsächlich gilt.
Die erneute Finanzgericht-Verhandlung über die Gemeinnützigkeit von Attac am 26. Februar 2020 hat unsere Kritik am fatalen und schlecht begründetem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt. Die Richter des Hessischen Finanzgerichts nannten mehrere Lücken und Unklarheiten des BFH-Urteils, mussten aber dessen restriktiver Auslegung der politischen Bildung folgen. Das Landesgericht konnte daher – anders als in November 2016 – die Gemeinnützigkeit von Attac nicht bestätigen.
Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V. zur Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts zur Gemeinnützigkeit von Attac
- Finanzgericht kritisiert Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs
- Engagement für Demokratie braucht Rechtssicherheit
Der vierte Senat des Hessischen Finanzgerichts hat heute die Klage von Attac auf Gemeinnützigkeit abgewiesen. Eine erneute Revision vor dem Bundesfinanzhof ist zugelassen und wahrscheinlich.
Genau ein Jahr zuvor hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts aufgehoben, aber nicht abschließend über die Gemeinnützigkeit von Attac entschieden. Der BFH hatte dem Landesgericht enge Vorgaben zur Interpretation des Zwecks der politischen Bildung gemacht, aber nicht zu anderen Zwecken. Der Vorsitzende des hessischen Senats, Helmut Lotzgeselle, kritisierte das BFH-Urteil unter anderem als mit heißer Nadel gestrickt. Eine mögliche erneute Revision gebe dem Bundesgericht die Gelegenheit, sich den Fragen politischer Einmischung durch gemeinnützige Organisationen umfassend und fundiert zu widmen.
Spätestens das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs hat vergangenes Jahr die großen Probleme in der Gemeinnützigkeit auf die öffentliche und politische Tagesordnung gesetzt. Einen Gesetzesentwurf gibt es noch immer nicht. Dennoch passierte 2019 so viel zu Gemeinnützigkeit – manchmal wird erst im Rückblick die Dimension deutlich.
Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V. zu den neuen Ankündigungen von Olaf Scholz zum Recht der Gemeinützigkeit
Zum aktuellen Bericht des “Spiegel” dazu, dass Olaf Scholz geplante Änderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht verworfen habe und bessere Gesetzes-Formulierungen finden will, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 140 Vereinen und Stiftungen:
“In diesem Jahr haben bereits mindestens vier Vereine den Status der Gemeinnützigkeit verloren, weil sie sich politisch einmischen. Dies zeigt, dass es dringend Klarstellungen und Ergänzungen im Gemeinnützigkeitsrecht braucht. Der Bundestag und Olaf Scholz müssen zügig Rechtssicherheit für dieses Engagement schaffen.