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DemoZ erhebt Untätigkeitsklage – besser wäre gesetzliche Klarstellung

Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V. zur Klage des DemoZ auf Gemeinnützigkeit

  • Vereine und Finanzämter weiter in Unklarheit
  • Bundestag muss Rechtssicherheit schaffen
  • Fall DemoZ nur Spitze des Eisbergs

Zur Mitteilung des soziokulturellen Zentrums DemoZ aus Ludwigsburg, dass es in seinem Gemeinnützigkeitsstreit Untätigkeitsklage eingereicht hat, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von fast 200 Vereinen und Stiftungen:

“Der Fall des kleinen, ehrenamtlich betriebenen soziokulturellen Zentrums DemoZ zeigt die weiter bestehenden Probleme im Gemeinnützigkeitsrecht auf. Der Fall ist lediglich die Spitze eines weitgehend verborgenen Eisberges. Die Bundesregierung muss zum Schutz von zivilgesellschaftlichem Engagement zügig die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umsetzen:

‘Wir modernisieren das Gemeinnützigkeitsrecht, um der entstandenen Unsicherheit nach der Gemeinnützigkeitsrechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegenzuwirken und konkretisieren und ergänzen gegebenenfalls hierzu auch die einzelnen Gemeinnützigkeitszwecke.’

Mit den jüngsten Klarstellungen zum Gemeinnützigkeitsrecht im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) hatten die Finanzministerien von Bund und Ländern die Chance verpasst, den Zweck der politischen Bildung zeitgemäß zu interpretieren und so tausenden Vereinen Last von den Schultern zu nehmen. Die Ministerien haben zu politischer Bildung lediglich den unklaren Begriff ‘geistige Offenheit’ ergänzt, ohne ihn zu erläutern. Vereine wie Finanzämter werden so in Unklarheit gelassen.

Im Streit um die Gemeinnützigkeit des Demokratischen Zentrums Ludwigsburg (DemoZ) geht es hauptsächlich um den Begriff ‘geistige Offenheit’: Darf Bildung von eigenen Haltungen, von einem Wertekompass ausgehen? Von Haltungen, die in einem ‘geistig offenen’ Prozess entstanden sind und regelmäßig überprüft werden? Gehört es nicht zur ‘geistig offenen’ politischen Bildung, wenn eine Referentin ihre Meinung vorträgt, ohne dabei auf die Zuhörenden Zwang auszuüben?

Die Sorge vor Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt führt seit Jahren dazu, dass Vereine Aktivitäten unterlassen oder sich lange mit Abwägungen und Diskussionen aufhalten. Das macht die demokratische Auseinandersetzung leiser und wenig ausgewogener, weil schrille Einzelmeinungen weniger Widerspruch finden.

Der Fall DemoZ ist ein typisches Beispiel für die Beschränkung gemeinnütziger Arbeit durch jahrelange Belastung, noch lange vor einem Gerichtsverfahren. Das belastet die gemeinnützige Arbeit engagierter Menschen von Anfang an – oder verhindert sie sogar. Seit fast drei Jahren tauscht das DemoZ Briefe mit dem Finanzamt. Erst jetzt landet die Auseinandersetzung vor Gericht. Der Verein mit einem Jahresbudget von weniger als 50.000 Euro musste viel Zeit und Geld aufwenden. Diese Ressourcen fehlen für die gemeinnützige Arbeit. Im Fall des DemoZ kann die Auseinandersetzung nur durch die Unterstützung weiterer Vereine wie der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Campact gestemmt werden. (DemoZ, GFF und Campact sind Mitglieder der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”. )

Um solche Beschränkungen zu verhindern, muss der Gesetzgeber erklären, was er unter politischer Bildung und unter der Förderung des demokratischen Staatswesens versteht. Er muss die Zwecke deutlich ins Gesetz schreiben, die er für förderwürdig hält – statt Vereine in langjährige Auseinandersetzungen zu zwingen und Klarstellungen Gerichten zu überlassen.”


Eine Vielzahl von Vereinen und Stiftungen fühlt sich durch das unklare Gemeinnützigkeitsrecht in seiner Arbeit beschränkt. Fast 200 Vereine und Stiftungen haben sich in der Allianz zusammen geschlossen, um das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren und die selbstlose politische Einmischung etwa für Grundrechte und gemeinnützige Zwecke abzusichern. Zu den Mitgliedern gehören neben DemoZ, Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Campact unter anderem Amnesty International, Attac, Brot für die Welt, LobbyControl und Terre des Hommes.

Weitere Infos: https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de

Hintergrund-Informationen

Mit dem Fall des Demokratischen Zentrums Ludwigsburg (DemoZ) wurde im Herbst 2019 nach dem Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs erstmals die Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines lokalen Vereins öffentlich. Das Finanzamt wirft dem DemoZ vor, die in der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannten Zwecke der Förderung von Kultur und (politischer) Bildung nicht “in geistiger Offenheit” zu verfolgen. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2019 wurde die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das erste Schreiben des Finanzamtes dazu datiert vom 11. April 2019.

Der Verein legte am 25. November 2019 Einspruch gegen die Aberkennung ein. Das Finanzamt schrieb zuletzt im März 2021 und teilte im Dezember telefonisch mit, dass eine Entscheidung über den Einspruch nicht absehbar sei.

Vorherige Veröffentlichungen zum DemoZ:

Das Demokratische Zentrum Ludwigsburg – Verein für politische und kulturelle Bildung (DemoZ) existiert seit 1980 und ist ein selbstverwaltetes soziokulturelles Zentrum mit vielfältigen Angeboten in den Bereichen Kultur und Politik. Das Jahresbudget liegt unter 50.000 Euro und setzt sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und staatlichen Zuschüssen zusammen. Die Zuschüsse fallen seit Aberkennung der Gemeinnützigkeit weitgehend weg.

Die kulturellen Angebote des DemoZ reichen von Konzerten mit Nachwuchsbands über Kabarett- und Theaterabende und Sportgruppen bis hin zu Ausstellungen, Filmvorführungen und Lesungen. Das DemoZ setzt sich unter anderem gegen Rassismus und Antisemitismus sowie für eine solidarische, gleichberechtigte und soziale Gesellschaft ein. In der Satzung des Vereins heißt es: “Der Verein setzt sich für die Demokratisierung der Gesellschaft und die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller Menschen ein. Er dient der Volksbildung und der Förderung einer offenen demokratischen Diskussion und versucht, konkrete Probleme unserer Gesellschaft sichtbar und öffentlich diskutierbar zu machen.”

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