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Kategorie: Politik

Bundesrat entscheidet über Vorschläge zur Gemeinnützigkeit

In ihrer Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2020 werden die Bundesländer in der Bundesrats-Sitzung am Freitag, 9. Oktober, voraussichtlich erneut ihre Forderungen zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts beschließen. [Aktualisierung – zum Beschluss siehe hier.] Die Empfehlung der Bundesrats-Ausschüsse wiederholt weitgehend Forderungen der Länder vom Vorjahr, aber es gibt einige Neuerungen. Zu den Forderungen gehören neue Zwecke von Klimaschutz bis “Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden”, Erleichterungen des Ausstiegs aus der Gemeinnützigkeit und der zeitnahen Mittelverwendung für kleine Organisationen sowie neu eine Klarstellung zu politischen Tätigkeiten.

Der Entwurf der Bundesregierung (der bereits am Donnerstag auch in erster Lesung im Bundestag behandelt wird) sah keine Regelungen zu Gemeinnützigkeit vor. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung sich gegen die Länder-Vorschläge ausgesprochen und auf einen kommenden, umfassenden Entwurf des Bundesfinanzministeriums zur Gemeinnützigkeit verwiesen – der bisher nicht erschienen ist. Ob Bundesregierung oder Bundestag nun den Vorschlägen folgen, ist offen. Offen ist auch noch, ob der Bundesrat die Ausschuss-Vorlage in der Form beschließt.

Geplantes Lobbyregister und zivilgesellschaftliche Organisationen

CDU, SPD und CSU wollen in Kürze im Bundestag ein Gesetz für ein Lobbyregister beschließen. Das ist im Prinzip gut und kann auch die Debatte um politische Tätigkeiten gemeinnütziger Organisationen entlasten. Vorteile eines Lobbyregisters wären, dass Transparenz-Regeln im Gemeinnützigkeitsrecht nicht kleine Vereine überfordern und dass große Organisationen sich nicht durch den Verzicht auf die Gemeinnützigkeit vor Transparenz-Regeln drücken können. Ein Nachteil ist, dass die Regeln für die erweiterte Verbändeliste die Logik zivilgesellschaftlicher Organisationen wenig mitdenken und dadurch zu unnötigen Belastungen und Ungleichbehandlungen führen. So müssten Organisationen, die registrierungspflichtig sind, alle Spenden ab 20.000 Euro offenlegen – ebenso ihre Aufwendungen für Interessenvertretung, auch für Demonstrationen oder Öffentlichkeits-Kampagnen. Von der Registrierungspflicht ausgenommen sein sollen Berufsverbände, die auch Tarifverhandlungen führen. Lobby-Agenturen müssten nur die Ausgaben, nicht die Einnahmen offenlegen.

CDU/CSU-Fraktion beschließt Positionspapier zu Gemeinnützigkeit

Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU hat am 16. Juni 2020 ein Positionspapier zu Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht beschlossen. Es trägt den Titel “Ehrenamtsgesetz 2021 – Ehrenamtlich tätige Personen stärker fördern, Vereinen das Leben leichter machen und Bürokratie abbauen”. Damit haben die Partner in der Großen Koalition ihre Positionen abgesteckt und könnten nun verhandeln, um das Recht der Gemeinnützigkeit zügig zu verbessern, wie sie es im Koalitionsvertrag vereinbart hatten.

Aktuelle Forderungen und Analysen zu zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gemeinnützigkeit

In den vergangenen Tagen ist einiger Lesestoff zu nötigen Reformen im Gemeinnützigkeitsrecht und zum Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft erschienen – teils im Zusammenhang mit der Corona-Krise, teils in ihrem Schatten. Die Krise macht deutlich, wie eingeschränkt der Blick des Staates auf diesen Sektor ist.

Bundestag debattiert Gemeinnützigkeit: Streichung Beweislastumkehr

Im Bundestag gab es erneut eine Debatte zur Gemeinnützigkeit. Die lebendige Debatte am 13. März streifte viele Aspekte und zeigte, dass die Abgeordneten nach und nach die Vielfalt zivilgesellschaftlicher Organisationen und ihre Probleme verstehen – aber auch, dass dieser Weg noch nicht zu Ende gegangen ist. Anlass war ein Antrag der Linkspartei. Sie will aus der Abgabenordnung die Beweislastumkehr streichen. Diese Umkehr gilt bisher, wenn eine gemeinnützige Organisation in einem Verfassungsschutzbericht als extremistisch aufgeführt wird. Diese Streichung fordert auch die Allianz. Der Antrag wird nun weiter im Finanzausschuss beraten.

Bremen und Berlin wollen Ziele für Reform setzen

Die Stadtstaaten Bremen und Berlin (beide rot-grün-rot regiert) haben in den Bundesrat eine Entschließung zur Gemeinnützigkeit eingebracht, die dort am 13. März zunächst in den Finanzausschuss verwiesen wurde. Die Entschließung mit der Drucksachennummer 114/20 macht keine konkreten Regelungs-Vorschläge, aber sie setzt Zielmarken. Solche Zielmarken scheinen bisher in den Überlegungen der Fachleute in den Finanzministerien zu fehlen.

Nach der Anhörung im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement

Dass das Bundesfinanzministerium noch keinen Gesetzesentwurf zur Reform der Gemeinnützigkeit vorgelegt hat, diesen aber noch für diese Legislaturperiode ankündigt, könne eine Chance sein, sagte Rupert Graf Strachwitz von der Maecenata Stiftung am Mittwoch, 29. Januar 2020, in der Anhörung zur Gemeinnützigkeit vor dem Bundestags-Unterausschuss “Bürgerschaftliches Engagement”. Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, appellierte an die Mitglieder des Ausschusses, sich als Schutzmacht zivilgesellschaftlicher Organisationen im Bundestag zu verstehen und über passende gesetzliche Grundlagen auch über die Legislaturperiode hinweg nachzudenken.

29. Januar: Anhörung Gemeinnützigkeit im Bundestags-Ausschuss

Wo bleibt eigentlich der Gesetzesentwurf zum Gemeinnützigkeitsrecht, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz angekündigt hat und den die Konferenz der Landesfinanzminister fordert? Es gibt keinen Zeitplan und der geplante Austausch der Bundesländer zu politischen Mitteln im Gemeinnützigkeitsrecht ist anders als geplant noch nicht Ende 2019 abgeschlossen. Sachlich sind Finanzministerien und Steuerpolitiker*innen zuständig. Fachlich ist das zivilgesellschaftliche Engagement auf verschiedene Ressorts verteilt. Ein nur kleiner Unterausschuss beschäftigt sich engagiert mit der ganzen Breite der Engagementpolitik – und nun auch erneut mit dem zum Recht der Gemeinnützigkeit. Der Bundestags-Unterausschuss “Bürgerschaftliches Engagement” hat darum für Mittwoch, 29. Januar 2020, 17 Uhr, eine öffentliche Anhörung im Paul-Löbe-Haus in Berlin angesetzt.

Politische Bewegung in Bundesländern und Parteien

Es wird immer deutlicher, dass es bei den Problemen politischer Einmischung und Gemeinnützigkeit nicht nur um Attac und Campact geht. In diesem Jahr wurden bisher fünf Fälle öffentlich. Vermutlich steigt (noch) nicht die Zahl, sondern der Mut, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die öffentliche Debatte führt auch dazu, dass Vereine in den Fokus der Finanzämter geraten – aber auch zu politischen Reaktionen. Unter anderem haben der SPD-Bundesparteitag und das Land Bremen klare Beschlüsse gefasst, die unsere Forderungen aufgreifen.

Olaf Scholz muss zügig Rechtssicherheit für das Engagement für Demokratie und Menschenrechte schaffen

Pressestatement der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung” e.V. zu den neuen Ankündigungen von Olaf Scholz zum Recht der Gemeinützigkeit

Zum aktuellen Bericht des “Spiegel” dazu, dass Olaf Scholz geplante Änderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht verworfen habe und bessere Gesetzes-Formulierungen finden will, erklärt Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz “Rechtssicherheit für politische Willensbildung”, einem Zusammenschluss von mehr als 140 Vereinen und Stiftungen:

“In diesem Jahr haben bereits mindestens vier Vereine den Status der Gemeinnützigkeit verloren, weil sie sich politisch einmischen. Dies zeigt, dass es dringend Klarstellungen und Ergänzungen im Gemeinnützigkeitsrecht braucht. Der Bundestag und Olaf Scholz müssen zügig Rechtssicherheit für dieses Engagement schaffen.